Samstag, 3. November 2012

Leiharbeit, die moderne Sklaverei


Die Bertelsmann Stiftung hat  im Frühjahr 2012 eine Studie veröffentlicht, die belegt, dass Leiharbeiter diskriminiert werden. Die „entliehenen Beschäftigten“ verdienen manchmal gerade die Hälfte der Stammbelegschaft, verrichten aber die gleiche Arbeit. Leiharbeiter sind die modernen Sklaven unserer Gesellschaft.

Die Diskussion um gleichen Lohn für gleiche Arbeit ist nicht neu und sie wird weitergeführt. Wenn man die Jahre 2003 und 2010 vergleicht, so haben sich die Unterschiede in der Entlohnung zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeiter in nur ganz wenigen Bereichen angenähert. Und das ist lediglich die positive Darstellung der Studie. Ich frage mich schon, ob man von Annäherung sprechen kann, wenn man sich die kalte Wahrheit der Zahlen verdeutlicht. Ein Beispiel: Ein Leiharbeiter in einem Metallberuf in Westdeutschland verdient durchschnittlich 1.500 Euro brutto, der Arbeiter aus der Stammbelegschaft bekommt für die gleiche Tätigkeit rund 2.990 Euro. Ist das annähernd der gleiche Betrag?“

Mindestlohn und das so genannte Equal Pay

Seit 2011 gilt für die Zeitarbeitsbranche ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn. Der nächste Schritt, so Aart De Geus, Mitglied im Vorstand der Bertelsmannstiftung, müsse nun das Equal Pay, also die Gleichbezahlung der Leiharbeiter und der Stammbelegschaft sein. Die Unternehmen wollen auch künftig die Flexibilität von Zeitarbeit nutzen, so die Studie, und schlägt vor, Zeitarbeitnehmer, die länger als drei Monate im Entleihbetrieb tätig sind, den gleichen Lohn zu zahlen, wie der Stammbelegschaft. Dies würde 491.000 Zeitarbeitnehmern zu Gute kommen, die Kosten für die Gleichbehandlung gibt die Bertelsmann Stiftung mit 410 Millionen Euro an. Die Realität in den Betrieben sieht aber ganz anders aus. Befristete Verträge, die immer wieder verlängert werden, obwohl dies nur am Rande der Legalität geschieht.

Tragen Zeitarbeiter die Last der Flexibilität?

Offiziell werden Zeit- oder Leiharbeiter immer als Arbeitskraftreserven der notwendigen Flexibilität bezeichnet. Inoffiziell sieht das aber ganz anders aus. Die großen Konzerne, wie zum Beispiel e.ON, gründen eigene Leiharbeitsfirmen, die ausschließlich den Konzern mit Billigarbeitskräften bestücken. Schon diese Tatsache wirft bei mir Fragen auf. Dass in der Realität also der Stellenabbau der Belegschaft mit einer Zunahme der Leiharbeiter einhergeht, will offensichtlich niemand sehen. Leiharbeit ist für die Unternehmen nur ein Werkzeug, um die Arbeitskosten zu senken. Immer wieder verhandeln Tarifpartner über die gleiche Bezahlung von Stamm- und Leiharbeitern. Ob das so genannte „Equal Pay“ überhaupt finanzierbar ist, bzw. von den Tarifpartnern gewollt ist, ist eine andere Frage. Fest steht, dass die Leiharbeit, so die Bundesagentur für Arbeit, im letzten Jahr um 5,3 Prozent angestiegen ist, der Zuwachs der Gesamtwirtschaft jedoch nur bei 2,6 Prozent. Und das zeigt doch ganz deutlich, dass Unternehmen Stammarbeitsplätze durch Leiharbeiter ersetzen. Dass der Gesetzgeber endlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verankert,  dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit zu entrichten ist wird wohl wieder einmal am großen Einfluss der Lobbyisten – also der großen Konzerne, die den Parteien viel Geld in die Taschen „spenden“ – scheitern. Bleibt die Frage, wann Leiharbeiter endlich von der gesetzlich tolerierten Sklaverei befreit werden können. Vielleicht sollten alle deutschlandweit einfach mal die Arbeit niederlegen… Aber wer traut sich das schon, wenn er froh ist, dass er überhaupt einen Job hat.

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